Mikrokredite
Dauerhafter Frieden kann nur erreicht werden, wenn große Bevölkerungsgruppen Wege finden, um aus der Armut auszubrechen. Mikrokredite sind ein Mittel dazu."
Dies war 2006 die Begründung für die Verleihung des Friedensnobelpreises an den Wirtschaftswissenschaftler und Bankengründer Muhammad Yunus und die von ihm gegründete Grameen Bank. Damit würdigte man seine Bemühungen um die wirtschaftliche und soziale Entwicklung von unten. Das auf Selbsthilfe und Solidarität beruhende Prinzip wurde schon vor 150 Jahren von dem Deutschen Friedrich Wilhelm Raiffeisen mit seiner Genossenschaftsbank entwickelt.
Die Grameen Bank vergibt an arme Menschen ohne finanzielle Sicherheit Kleinstkredite, damit diese selbst etwas dafür tun können, um voranzukommen. So soll die Armut durch eigene Initiative gelindert werden. Statt der Sicherheiten setzt das Kreditinstitut auf Gruppendruck, um ihre ausstehenden Raten wieder zu erhalten. 98% der Grameen-Kreditnehmer sind Frauen, da diese als zuverlässiger und kreditwürdiger gelten als Männer. Die Grameen-Bank arbeitet da, wo herkömmliche Geldinstitute nicht mehr tätig sind: bei den Armen. Denn dort fehlen zum einen die für Kredite notwendigen Sicherheiten, zum anderen sind die ausgegebenen Kreditsummen so gering, dass der Verwaltungs- und Bearbeitungsaufwand im Verhältnis zum erzielbaren Ertrag zu hoch ist. Bei der Ausgabe von Mikrokrediten wird darauf geachtet, dass das Geld entsprechend verwendet und zurückgezahlt wird. Für einen neuen Fernseher wird kein Geld gegeben. Es werden nur Kredite für die Geschäftsideen erteilt, die nach Prüfung durch die Bank eine Aussicht auf Erfolg haben. Die Raten dafür werden dann dem Geschäft angepasst; wer gut verdient zahlt schneller zurück, wer weniger gut verdient langsamer. Auch der Gruppendruck führt dazu, dass die Kredite pünktlich abbezahlt werden. Dabei erhalten fünf bis sechs Kreditnehmer jeweils abwechselnd einen Kredit und bürgen füreinander. Auch das minimiert die Ausfallquoten. So erreichen Mikrofinanzinstitute oft Rückzahlungsquoten von 95 bis 100%, bei anderen Förderprogrammen liegt das Kreditausfallrisiko, abhängig vom Förderprogramm, sehr viel höher.
Mittlerweile hat sich das Konzept der Mikrokredite in über 60 Entwicklungsländern durchgesetzt. Die Anzahl der Mikrofinanzinstitute wird auf weltweit über 70.000 geschätzt. Im April 2010 umfasste das Volumen von Mikrokrediten weltweit 60 Milliarden US$. Auch in den reichen Industrieländern werden Mikrokredite immer öfter eingesetzt.
Trotz des weitgehend erfolgreichen Geschäftsmodells sind Mikrokreditinstitute oft immer noch abhängig von staatlichen Subventionen. Dagegen finanzieren sich in Bangladesch, der Heimat des Grameen-Bank-Gründers Yunus, NGOs (Nicht-Regierungs-Organisationen) oft nicht mehr über Spenden, sondern über die Einnahmen aus den Zinsen der vergebenen Mikrokredite. Die relativ hohen Zinsen für solche Mikrokredite werden von den Kreditnehmern in Kauf genommen, da sie sonst keinen Zugang zu regulären Bankkrediten hätten. Und sie sind immer noch geringer und vor allem berechenbarer als die Kredite von herkömmlichen Geldverleihern.
Nennen Sie mögliche negative Auswirkungen von Mikrokrediten. Welche Folgen könnte es haben, wenn zunehmend mehr Kreditinstitute Mikrokredite anbieten? (Siehe Dokument Aufgaben und Lösungen)
Auch in Deutschland werden mittlerweile Mikrokredite vergeben. Um das Angebot an Mikrokrediten zu erhöhen, wurde Anfang 2010 der Mikrokreditfonds Deutschland eingerichtet, Mittlerweile gibt es in ganz Deutschland 40 Mikrofinanzinstitute. Im Durchschnitt beträgt die Höhe eines Mikrokredits in Deutschland ca. 6.500 Euro und läuft etwa 24 Monate. Doch auch hier richtet sich die Laufzeit nach der Geschäftsidee, mal muss innerhalb von neun Monaten zurückgezahlt werden, mal reicht die Zeit bis zu 36 Monate.
Nennen Sie mögliche Empfänger in Deutschland, die Mikrokredite in Anspruch nehmen können. (Siehe Dokument Aufgaben und Lösungen)