Finanztransaktionssteuer

Europaweit heftig diskutiert wird derzeit die Einführung der Finanztransaktionssteuer. Dabei soll eine Steuer bei jedem Verkauf eines Finanzproduktes, z.B. Aktien, Rohstoffe, festverzinsliche Wertpapiere oder Derivate, erhoben werden. Sie geht auf einen Vorschlag des US-amerikanischen Wirtschaftswissenschaftlers James Tobin zurück, der 1972 eine Finanztransaktionssteuer auf internationale Devisengeschäfte vorschlug. Daher wird sie auch Tobin-Steuer genannt. Ziel dieser Abgabe ist es, Spekulationsgeschäfte zu verteuern und somit unattraktiver zu machen, um eine Stabilisierung und Markregulierung des Finanzmarktes zu erreichen. Je kurzfristiger die Spekulation ist, desto wirkungsvoller ist die Steuer.

 

 

Befürworter dieser Abgabe führen folgende Argumente an:

  • Der Finanzmarkt wird stabilisiert, da kurzfristige Spekulationen weniger attraktiv und somit reduziert werden
  • Die zusätzlichen Einnahmen durch diese Steuer sind so hoch, dass sie dem Staatshaushalt zugutekommen könnten. So könnte beispielsweise die Einkommenssteuer gesenkt werden
  • Da der Steuersatz mit 0,1% auf Aktiengeschäfte und sogar nur 0,01% auf abgeleitete Finanzgeschäfte wie Derivate sehr gering ist, trifft er Kleinanleger kaum. Während der durchschnittliche Kleinanleger in über 20 Jahren ca. 60 Euro Transaktionssteuer zahlen müsste, würde er für denselben Zeitraum ca. 3.000 bis 4.000 Euro an Bankgebühren für das Produkt zahlen
  • Um der möglichen Abwanderung entgegenzuwirken, gilt das „Ansässigkeitsprinzip“
  • Jedes Unternehmen in der EU muss zahlen, und auch auswärtige, die mit einem EU-Unternehmen Finanzhandel treiben. Die Abgabe wird also nicht auf Handelsplätze erhoben, sondern alle europäischen Händler müssten sie zahlen. Der Sitz des Händlers ist ausschlaggebend, nicht der Ort des Handels. Mit der Marktmacht, die die EU in der Welt hat, lässt sich eine solche Regelung durchsetzen
  • Bei Eigengeschäften werden Banken, die in hohem Maße die Finanzkrise verursacht haben, so an den Kosten beteiligt, die sie selbst verschuldet haben
  • Finanzgeschäfte werden steuerlich mit der Realwirtschaft gleichgestellt. Schließlich war es bisher üblich, dass man die Mehrwertsteuer an den Staat bezahlt, wenn man für sein Unternehmen Rohstoffe oder Vorprodukte einkaufen musste. Finanzgeschäfte dagegen wurden bisher nicht besteuert
 

Gegner der Finanztransaktionssteuer führen diese Gründe an:

  • Die Krise von 2007 hätte durch eine solche Abgabe nicht verhindert werden können und auch die Auswirkungen der Krise wären nicht geringer ausgefallen, denn in diesem Fall waren nicht kurzfristige Spekulationen der Auslöser.
  • Vermehrte Abgaben vermindern den Derivatehandel und somit auch die daraus resultierenden Steuereinnahmen.
  • Um der Steuer zu entgehen wandern die Börsengeschäfte in Länder ab, wo sie nicht erhoben wird. Auch das vermindert die heimischen Steuereinnahmen.
  • Nicht nur die Spekulanten, die in großem Maßstab an der Börse handeln, werden getroffen, sondern auch die Kleinanleger, die für ihr Alter vorsorgen, müssen zusätzliche Kosten übernehmen. Im Gegensatz zu den professionellen Investoren, können diese aber kaum in andere Länder ausweichen.
  • Banken wälzen die zusätzlichen Beträge einfach auf ihre Kunden ab. Somit werden wieder nicht die Großen, sondern nur die Kleinen bestraft.
 

Übereinstimmung herrscht derzeit darüber, dass die Einführung in nur einem Land auf dem internationalen Finanzmarkt weitgehend wirkungslos wäre. Tatsächlich geht man davon aus, dass dann die Geschäfte in jene Länder abwandern würden, die eine solche Abgabe nicht erheben. Doch wie genau sollte eine solche Steuer erhoben werden? Würde sie dort erhoben, wo die Transaktionen auch stattfinden, käme dies den sechs weltweit größten Finanzplätzen London, New York, Zürich, Tokio, Singapur und Hongkong zu Gute. Dort werden drei Viertel der insgesamt ca. 800 Billionen US$ Finanztransaktionen abgewickelt. Am Beispiel von Großbritannien wäre man dort in der Lage, andere Steuern wie die Einkommenssteuer deutlich zu senken. Dadurch hätten diese Länder beträchtliche Vorteile im internationalen Steuer- und Standortwettbewerb. Als Alternative wäre es möglich, in allen G20-Ländern die Finanztransaktionssteuer zu erheben und die Einnahmen nach einem festgelegten Schlüssel auf alle Länder umzulegen. Doch bisher ist nicht einmal EU-weit eine einheitliche Steuer umsetzbar. Wie viel schwieriger ist ein weltweiter Konsens, da es doch ein Eingriff in die nationale Steuerhoheit eines jeden Landes bedeutet?

Die USA haben bereits angekündigt, die Finanztransaktionssteuer nicht einzuführen und auch Großbritannien weigert sich, mit den anderen EU-Ländern mitzuziehen. Dort sieht man der Einführung dieser Steuer gelassen entgegen und hofft auf die Kapitalabwanderung an den Finanzplatz London. Frankreich dagegen ist entschlossen, sie notfalls auch im Alleingang einzuführen, und auch Deutschland wirbt inzwischen dafür. Aber die politische Landschaft in Deutschland ist in Befürworter und Gegner gespalten.

Informieren Sie sich im Internet über die unterschiedlichen Positionen der Parteien. Tragen Sie Ihre Ergebnisse zusammen und vergleichen Sie diese.

 

Gegenwärtig wird die Diskussion um die Finanztransaktionssteuer auf internationaler Ebene sehr kontrovers diskutiert. Genaue Aussagen zum Ausgang dieser Diskussion sind zurzeit noch nicht möglich. Sollte die Steuer eingeführt werden, sind die genauen Auswirkungen aktuell nur sehr schwer einzuschätzen. Auch auf wissenschaftlicher Ebene wird die Diskussion zur Besteuerung geführt, ohne dass sich innerhalb der Wirtschaftswissenschaften bisher eine herrschende Meinung gebildet hat.